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Donnerstag, 2. November 2017

Konzertbericht PARADISE LOST + PALLBEARER + SINISTRO - 29.10.2017 München/Theaterfabrik

Medusa auf Stippvisite in der Theaterfabrik

PARADISE LOST gehen bald auf ihr 30-jähriges Band- und Bühenjubiläum zu. Ein Alter in dem sich andere Musiker, sofern sie überhaupt solange durchhalten, langsam aber sicher auf ihr Altenteil zurückziehen: Nicht so die Briten, die es spätestens seit "The Plague Within" nochmals so richtig krachen lassen.
Auch der neue Longplayer "Medusa", der vor wenigen Tagen erschienen ist, zeigt, dass PARADISE LOST immer noch voll im Saft stehen.
Um das neue Album (der 15. Longplayer der Karriere) zu promoten und in Teilen erstmals auf die Bühne zu bringen, bereisen Nick Holmes & Co den europäischen Kontinent kreuz und quer, und schlagen dabei in 36 Städten auf. Als Tourbegleitung haben sich die Briten für SINISTRO und PALLBEARER entschieden.


SINISTRO

Die portugiesische Doom/Post-Metal Truppe um Frontfrau Patrica Andrade ist momentan schwer angesagt, nicht zuletzt wegen deren Version des PARADISE LOST Tracks "Nothing Sacred". Da passt es doch wunderbar zusammen, dass SINISTRO für Nick Holmes & Co eröffnen dürfen.
Da die Theaterfabrik im Münchner Osten heute aber bei weitem nicht ausverkauft ist, eventuell haben die Ticketpreise von knapp 40 Euro den ein oder anderen abgeschreckt, kommt zu Beginn des halbstündigen Sets der Portugiesen kaum Stimmung auf. Und das, obwohl SINISTRO zu früher Stunde schon mit einem sehr guten Sound ausgestattet wurden. Nur die Vocals von Sängerin Patrica Andrade sind zu Beginn einige Momente etwas unterrepräsentiert, was aber in Windeseile behoben wurde.
SINISTRO (© by metal-is-forever-alive)
Überhaupt ist das zierliche Geschöpf am Mikro der Blickfang bei SINISTRO, und das nicht nur wegen den Vocals. Während der Rest der Truppe mehr oder weniger mit dem Stageacting auf dem Kriegsfuss zu stehen scheint, tanzt sich die Dame einen Wolf und beackert dabei die halbe Bühne. Die Verrenkungen und Zuckungen die dabei von ihrem zarten Körper ausgehen, haben etwas von Ekstase, aber eben auch ein wenig von LSD-Missbrauch an der Waldorfschule (Stichwort: psychadelischer Ausdruckstanz). Gehört wohl zu Gesamtkonzept der Truppe.
Musikalisch zeigt der Daumen nach 30 Minuten jedenfalls stramm nach oben.

PALLBEARER

Ebenso wie ihre portugiesischen Kollegen, erleben PALLBEARER momentan nur die angenehmen Seiten des Showbiz: Positive Albumrezensionen landauf, landab und an jeder Ecke Schulterklopfer. Logisch, dass da kaum einer der Anwesenden den Auftritt der US-Amerikaner verpassen wollte - also hinein ins Rampenlicht.
Doch siehe da, mit ihren überlangen Songs, die zumeist sehr basslastig daherkommen und ihrem progressiven Doom-Sound haben PALLBEARER (heute) relativ viel Mühe, für Stimmung im Auditorium zu sorgen und dort die Spannung aufrecht zu halten.
                                                                                 
PALLBEARER (© by metal-is-forever-alive)
Da helfen die hochmelodischen Soli und der teilweise zweistimmig vorgetragene Gesang auch nur bedingt weiter, um die zumeist nur still auf der Stelle stehenden Zuschauer dazu zu animieren, sich zu bewegen oder gar aus sich herauszugehen.
Konzentriert man sich jedoch auf die Tracks und lässt sich auf die Show ein, arbeitet sich peu a peu der Flow, den PALLBEARER definitiv haben, von den anfänglich stillstehenden Beinen, über das Rückenmark hinauf bis zum Schädel. Ein Umstand, der zur Folge hat, dass ab ca Mitte des Sets, immer mehr Zuschauer aus ihrer Lethargie erwachen - vereinzelt werden nun sogar Headbanger gesichtet.
Am Ende gibt es dann auch mehr als nur Anstands-Applaus, für einen Auftritt, der weder Fisch noch Fleisch war.

PARADISE LOST

Nachdem die Ticketinhaber in den letzten eineinhalb Stunden zwei Bands serviert bekamen, die sich nicht unbedingt auf dem selben Kurs wie der Headliner bewegen, kündigt das erlöschende Hallenlicht nach der Umbaupause nun endlich PARADISE LOST (der Großteil dürfte an diesem Sonntagabend nur wegen ihnen hier sein) an.
So wie es sich gehört, wenn man ein neues Album am Start hat, eröffnen die Briten mit einem "Medusa"-Track: "From the Gallows".
Es dauert nur wenige Sekunden und Stimmung ist in der Hütte. Plötzlich sind Portugal und Arkansas vergessen und es zählen nur noch PARADISE LOST und deren neue/alte Liebe für growl-geschwängerten Doom.
Auch wenn deren Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln für manche etwas überraschend kam, mit "The Plague Within" und "Medusa" haben sich PARADISE LOST definitiv wieder in den Kreis der Metal-Bands eingereiht.
PARADISE LOST (© by metal-is-forever-alive)
Ein Umstand, der zur Folge hat, dass das Publikum bunt durchgemischt ist. So stehen der langhaarige Metalhead und der szenetypisch aufgestylte Goth-Liebhaber einträchtig nebeneinander. Vereinzelt kann man sogar den ein oder anderen Hipster (Markenzeichen: Vollbart, verkehrt herum aufgesetztes Basecap und buntes Schuhwerk) ausmachen. Alle vereint sie eines - die Liebe zum Liedgut der Briten, wenn auch aus unterschiedlichen Epochen.
Da PARADISE LOST um ihr vielschichtig interessiertes Publikum wissen, haben Nick Holmes & Co nicht nur die Setlist mit Songs aus (fast) allen Schaffensphasen bestückt, sondern auch darauf geachtet, dass sich gemäßigtes und heftigeres Material die Balance halten.
Leider funktioniert der Großteil der growllastigen Songs nur bedingt, da die Growls kraftlos wirken, und zudem auch der Wechsel (Klargesang/Growls) innerhalb der Songs nicht vollends überzeugen kann.
Überhaupt wirkt die komplette Performance von PARADISE LOST etwas blutleer. Nicht das es etwas an den technischen Fähigkeiten der Truppe zu bemängeln gäbe. Keineswegs, alles im grünen Bereich. Aber irgendwie beschleicht einen trotzdem gelegentlich das ungute Gefühl, dass PARADISE LOST heute nicht ganz bei der Sache sind und Dienst nach Vorschrift machen.
Eigentlich schade. Denn das Feld war schon bestellt, nicht zueletzt wegen der starken "Medusa"-Veröffentlichung, und hatte nur darauf gewartet, live umgepflügt zu werden.
So ist es letztendlich nur ein paar wenigen Songs ("Erased", "Faith Divides Us - Death United Us", "Eternal", "Embers Fire") im Hauptteil, sowie dem Zugabenblock ("No Hope in Sight", "The Longest Winter", "Say Just Words") vorbehalten, länger in Erinnerung zu bleiben. (JK)