Schöne Menschen, "Hejo Hejo Hejo"-Rufe und die Mini Playback-Show on Stage
oder
20 Jahre ASP - Die Pentagrammophon-Tour 2019
Kinder wie die Zeit vergeht. Man mag es kaum glauben, aber es ist doch tatsächlich schon zwei Dekaden her, als uns der schwarze Schmetterling zum ersten Mal in Verzückung versetzte. Auf die Frage "Hast du mich vermisst?", die uns Alexander "Asp" Spreng damals in Form des Album-Titels stellte, konnte es folglich nur eine Antwort geben: "Ja, wir haben dich vermisst!". Und zwar so sehr, dass ASP (verdientermaßen) auch 20 Jahre später immer noch als DAS verbindende Brückenglied der in schwarzen Klamotten gewandeten Szenen (Gothik, Metal, Rock) gefeiert werden. Da ist es fast schon logisch, dass das heutige Konzert in der Muffathalle zu München ausverkauft ist.
THE LITTLE BIG MAN
Über die Vorband des heutigen Abends gab es verschiedenste Informationen im Vorfeld des Konzerts zu lesen/hören. Durchgesetzt hatten sich letztendlich zwei Varianten. Erstens: Bei THE LITTLE BIG MAN handelt es sich um eine von ASP inspirierte Band. Zweitens: Der Opening-Act ist eine ASP Coverband. Drittens: Beides falsch!
THE LITTLE BIG MAN ist, wenn man so will, nämlich der kleine EBM Bruder von ASP bzw. ein Trio, welches aus den beiden Gitarristen Lee (Nachname unbekannt) und Lutz Demmler, sowie dem Sänger (surprise, surprise) Alexander Spreng besteht. Definitiv eine gelungene Überraschung!
Weniger gelungen, wenn nicht gar eine mittelschwere Enttäuschung, ist die Art und Weise, wie die knappe halbe Stunde dieser speziellen "Vorband" gestaltet wurde - nämlich zu großen Teilen aus der Konserve: Drumcomputer meets Synthesizer-Tape-Recorder. Und wäre nicht der livehaftige Gitarrensound und die phantastische Stimme von Asp allgegenwärtig gewesen, hätte nur noch Marijke Amado gefehlt, um die Nummer komplett in die Tonne kloppen zu können.
ASP
Als wäre dies eben nicht genug der Gimmicks gewesen, folgt nun auch noch eine halbstündige Umbaupause. Warum auch immer? Haben THE LITTLE BIG MAN ihre "Show" doch auf geschätzt 4 m² abgezogen und bis auf ihren beiden Gitarren nichts "Fremdes" auf die Bühne mitgebracht, was nun großartig entfernt werden müsste. Anyway.
Als gegen 21 Uhr das Hallenlicht erlischt, brandet lauter Jubel auf, bekommen die ca 1200 Zuschauer nun doch endlich das geliefert, weswegen man (oder Frau) eigentlich gekommen ist: 20 Jahre ASP.
In den folgenden zweieinhalb Stunden brennen ASP ein retroprespektivisches Hitfeuerwerk ab, welches nahezu keine Wünsche offen lässt und dabei alle Schaffensphasen der Frankfurter Truppe abdeckt: "Schwarzer Schmetterling", "Denn ich bin der Meister", "Astoria verfallen, "Rücken an Rücken", "Ich bin ein wahrer Satan", "Schwarzes Blut" etc. pp. Wessen Blut bei diesem hochklassigem Griff in die musikalische Schatzkiste von ASP nicht in Wallung kommt, ist entweder aus Holz, oder ganz einfach auf der falschen Veranstaltung.
Besondere Erwähnung verdienen sich zudem "Abertausend Fragen" (moderiert, gesungen und gelebt von einem Asp, der alleine hier das Eintrittsgeld wert war), "Osternacht" (mit männlicher Kantorka aus dem Publikum und Handpuppe), sowie "Küss mich" (zum ersten Mal seit dreizehn (!) Jahren wieder im Repertoire).
Nicht ganz so passen wollen hingegen die unzähligen und karnevalssitzunganmutenden "Hejo-Hejo-Hejo" Rufe und die arg an den Musikantenstadl erinnernden einfältigen Mitklatsch-Orgien seitens des Publikums.
Da aber heute Abend laut Alexander Spreng nur schöne Menschen anwesend sind und sich die meisten davon nicht an diesem seltsamen Gebaren zu stören scheinen, schnell weiter im Text.
Das mit einem Augenzwinkern angekündigte und leidenschaftlich vorgetragene "Ich will brennen" läutet das nahende Ende der musikalischen Reise durch 20 Jahre ASP ein, bevor mit "Fortsetzung folgt..." der finale Punkt hinter den heutigen Abend gesetzt wird.
Bleibt abschließend nur noch zu hoffen, dass "Fortsetzung folgt..." als Versprechen in die Zukunft zu werten ist und ASP uns 20 weitere Jahre an ihrem Können, ihrer Poesie und ihrer Leidenschaft teilhaben lassen. (JK)