Die amerikanischen Pharaonen-Verehrer von NILE stehen kurz vor der Veröffentlichung ihres neunten Studioalbums. Um den Fans ägyptischer Mythologie und harter Klänge die Zeit bis zum anvisierten VÖ (1.11.2019) zu verkürzen, brechen Karl Sanders & Co kurzerhand ein ungeschriebenes Metal-Gesetz (erst das Album, dann die Tour) und promoten ihr neues Album auf einer ausgedehnten Europatour, ohne dass der Longplayer die Ohren der Fans in seiner Gesamtheit je erreicht hat. Ein Wagnis, was die Ticketverkäufe angeht? Nicht für NILE! Die Truppe genießt nicht umsonst in der Death Metal Szene eine vorzüglichen Ruf, was die Livequalitäten betrifft. Logische Konsequenz: Es kommt eine ansehnliche Schar an diesem Montag Abend im Backstage zusammen, die sich die Ohren durchpusten lassen möchte.
FALLCIE
Der Opening-Act des heutigen Abend, FALLCIE aus St. Petersburg bekommt mit voller Härte das Resultat von frühen Konzertanfangszeiten unter der Woche präsentiert: Gerade einmal 4 Dutzend (großzügig) durchgezählte Metalheads lassen sich weder vom frühen Beginn (18.30 Uhr), noch von den spätsommerlichen Außentemeraturen davon abringen, dem gewöhnungsbedürftigen Stilmix des russischen Quartetts beizuwohnen.
FALLCIE (© by metal-is-forever-alive) |
OMOPHAGIA
Inzwischen hat sich die Anzahl derer, die sich jetzt schon in die Halle trauen, etwas mehr als verdoppelt, so dass sich dem zweiten Act des Abends, mit nun ca. 100 Anwesenden, ein wesentlich erfreuerliches Bild beim Blick von der Bühne bietet, als eben noch zuvor den russischen Kollegen. Auch das musikalische Gewicht der heutigen Veranstaltung gewinnt durch den Auftritt von OMOPHAGIA enorm an Wertigkeit.
OMOPHAGIA (© by metal-is-forever-alive) |
VITRIOL
Nach dem europäischen (Doppel-)Horsd’œuvre, eröffnen nun VITRIOL aus Portland (Oregon) den us-amerikanischen Drei-Gänge-Hauptgang. Die Band um Tattoo- Fanatiker Kyle Rasmussen hat sich mit Leib und Seele dem Death Metal Verschrieben, allerdings in einer Hochgeschwindigkeitsversion. Verschnaufpausen sind weder angedacht noch erwünscht.
VITRIOL (© by metal-is-forever-alive) |
HATE ETERNAL
Ebenfalls rasant, wenn auch ungemein filigraner, geht es nun mit dem Florida-Dampfhammer HATE ETERNAL weiter. Es gibt innerhalb der Death Metal Szene nur wenige Gitarristen, die so detailverliebt und abwechslungsreich (vor allem bei den Soli) wie Erik Rutan vorgehen. Damit hätten HATE ETERNAL eigentlich ein Alleinstellungsmerkmal, welches die Aufmerksamkeit der Zielgruppe erhöhen sollte. Doch Fanliebe bzw. -Ignoranz ist nicht immer nachvollziehbar und manchmal (so auch hier) manchmal eben auch surreal. Und so fristen HATE ETERNAL immer noch ein Nischendasein - zwar ein gern gesehener Gast auf den Bühnen, die Verkaufszahlen der Alben lassen aber nach wie vor zu wünschen übrig.
HATE ETERNAL (© by metal-is-forever-alive) |
Diese Diskrepanz ist auch heute Abend zu beobachten.Während die ersten Reihen zu Songs wie "Bringer of Storms", "All Hope Destroyed" oder "I, Monarch" steil gehen, spart sich der hintere Teil der Halle seine Kräfte für den Headliner auf. Wer diese skurril anmutende Hallenaufteilung ausblenden kann, der bekommt eine komplette Stunde lang eine energiegeladene Show geliefert, die zum Ende hin, auch noch Temperaturen in der Halle beinhaltet, die Florida hitzemäßig alle Ehre gemacht haben.
NILE
Nach einer etwas zu lang ausgefallenen Umbaupause präsentiert Karl Sanders gegen 22.30 Uhr München seinen zur Hälfte (Brad Parris nimmt den Platz für Todd Ellis am Tieftöner ein und Brian Kingsland ersetzt Dallas Toler-Wade an der Gitarre) erneuerten Pyramidenforschungstrupp. Wer im Vorfeld gedacht hatte, dass vor allem der Verlust von Dallas Toler-Wade kaum zu kompensieren wäre, sah sich nun einem souverän auftretenden und fingerfertig agierenden Brian Kingsland gegenüberstehen und konnte seine (unbegründeten) Sorgen um die technische Extraklassevon NILE innerhalb von Minuten ad acta legen.
NILE (© by metal-is-forever-alive) |
Über den Sinn/Unsinn von frühen Konzertanfangszeiten unter der Woche wurde bereits an anderen Stellen ausführlich diskutiert, deshalb wollen wir an dieser Stelle nicht noch ein weiteres Fass aufmachen. Die Frage, ob es allerdings fünf Bands an einem Abend braucht, kann ich mir aber nicht verkneifen. Zumal der Opening-Act (wie so oft) eher als PA- Tester zu werten war, als ernstzunehmnder Einheizer. Neverthelees: Ein insgesamt mehr als zufriedenstellender Konzertabend, der einmal mehr gezeigt hat, dass gut gemachter Death Metal immer noch begeistern kann. (JK)