Kaum dass es draußen wieder kühler wird, besteigen die finnischen Death Doomer von
SWALLOW THE SUN den Nightliner und fahren zusammen mit
OCTOBER TIDE und
OCEANWAKE eine Tour, die sich genau zwischen Helloween, dem Buß- und Bettag, sowie dem Totensonntag bestens aufgehoben fühlt: "When a Shadow is Forced Into the Light Tour 2019 - Pt. II"
OCEANWAKE
Wer dieses Tourpackage zusammengestellt hat, hat sich definitiv was dabei gedacht. Nicht nur, dass alle drei Bands stilistisch harmonieren, auch die Tatsache, dass sich der Abend von der Intensität langsam steigert, hat was von (gewollter) Inszenierung.
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OCEANWAKE (© by metal-is-forever-alive) |
Um entspannt in den Abend reinzukommen, hat der Tour-Regisseur (nennen wir diese(n) Unbekannte(n) mal so) die finnischen Slow-Motion Strategen von
OCEANWAKE auserkoren, mit ihrem Death/Doom/Post Metal Mix das melancholische Fundament für den weiteren Verlauf des Abends zu zementieren.
Mit "Radiant Nightbreak", dem Opener, gelingt dies aber nur bedingt, da viele Zuschauer dem Treiben auf der Bühne zwar interessiert, aber wenig enthusiastisch Beachtung schenken. Und so löst sich der anspruchsvolle Gedanke, was Dramaturgie und Bandbesetzunge betrifft, innerhalb von Minuten auf.
OCEANWAKE bekommen in den nächsten 25 Minuten zwar noch einigermaßen die Kurve (vor allem dann, wenn es mal etwas härter wird), verlassen aber letztendlich die Bühne, ohne auf der selbigen, bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben.
OCTOBER TIDE
Ein komplett anderes Bild bietet sich dem Konzertgänger nach einer angenehm kurz gehaltenen Umbaupause. Wo eben noch (weitesgehend) Anspruch und Realität nicht zusammen passen wollten, greift nun ein Rädchen ins andere.
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OCTOBER TIDE (© by metal-is-forever-alive) |
Nicht nur dass die Schweden um ex-
KATATONIA Gitarrist
Frederik Norrman um einiges heftiger als ihre finnischen Tourgenossen von
OCEANWAKE unterwegs sind, auch die einzelnen Komponenten im Death/Doom Gebälk von
OCTOBER TIDE versprechen (und halten) wesentlich mehr Abwechslung und Intensität. Nicht ganz schuldlos daran ist sicherlich die Tatsache, dass
OCTOBER TIDE mit "In Splender Below" ein neues, starkes Album im Gepäck haben. Mit "I, the Polluter" und "Ögoblick Av Nåd" von besagtem Album lassen die Schweden dann nicht nur die Halle erbeben, sondern zeigen dabei auch noch eindrucksvoll, dass Midtempo durchaus kraftstrotzend und spannend sein kann. Überhaupt hat man den Eindruck, dass
OCTOBER TIDE seit ihrem Comeback vor zehn Jahren nicht nur menschlich sondern auch musikalisch gereift sind. Eine in sich stimmige Performance, sowie eine ausgewogene Setlist mit einem Potpourri des bisherigen Schaffens unterstreichen dies. Nach "Adoring Ashes", dem letzten Song des Auftritts, gibt es dann auch die verdiente Anerkennung vom Publikum dafür, in Form von lautstarken Beifallsbekundungen.
SWALLOW THE SUN
Wer sich im Vorfeld mit der Thematik der aktuellen
SWALLOW THE SUN Veröffentlichung auseinandergesetzt hat, der dürfte, nachdem das erlöschende Hallenlicht das baldige Erscheinen der Finnen ankündigt, schnell noch einen Drops gelutscht haben, um den (Trauer-)Kloß im Hals in den Griff zu bekommen. Eine spärlich ausgeleuchtete und in Nebelschwaden gehüllte Bühnenkulisse, sowie die Klänge "Lumina Aurea" (vom Band) bilden die perfekte Szenerie für die kommende anderthalbsündige Lehrstunde in Sachen atmospärischen Death/Doom.
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SWALLOW THE SUN (© by metal-is-forever-alive) |
Mit "When a Shadow is Forced Into the Light" haben
SWALLOW THE SUN einen Titel auserkoren, das Set zu eröffnen, der nicht nur Titeltrack des aktuellen Albums ist, sondern auch gleich unverblümt, wenn auch sehr poetisch, auf den Punkt kommt, und vom großen Schmerz (...it rips through your chest, and burns like a fire...)
Juha Raivios nach dem Abbleben seiner großen Liebe erzählt.
Seufz. Schluck. Schnief. Passend zur Stimmung sind die Protagonisten auf der Bühne in schwarze Umhänge mit (tief ins Gesicht gezogenen) Kapuzen gehüllt, was einer Prozession gleichkommt, es aber auch (nahezu) unmöglich macht, Mimik auf den Anlitzen der Musiker deuten zu können. Da auch Ansagen oder Konversation mit dem Pubilkum auf ein Minimum reduziert wurden, passiert genau das, was
SWALLOW THE SUN wohl damit bezwecken wollen: man (oder Frau) leidet förmlich mit.
Was wiederum Annerkenung und Respekt verdient, denn selten hatte ein Konzert eine passendere Atmosphäre, als heute Abend.
Um diesen besonderen Moment nicht außerfahrplanmäßig zu "gefährden" bringen
SWALLOW THE SUN nahezu das komplette "When a Shadow is Forced Into the Light"-Album auf die Bühne. Nur "The Crimson Crown" und "Never Left" kommen nicht zu Live-Ehren. Dass letztgenannter Song nicht geboten wird, empfindet man fast als Erleichterung, liefe man doch ansonsten Gefahr, den Heimweg in Depri-Stimmung antreten zu müssen. Und so entlassen
SWALLOW THE SUN die textlich mitleidende und musikalisch euphorisierte Gefolgschaft mit "Emerald Forest and the Blackbird" (ohne
Anette Olzon) und "Swallow, Horror Part 1"" in die herbstliche Nacht. (JK)